

Jörg Wollenberg über Vertrauen, gute Nachbarschaften und die Zukunft der Genossenschaft
Jörg Wollenberg kennt die bbg wie kaum ein anderer. 1977 begann er als Auszubildender, später war er über 15 Jahre Vorstand. Er wohnt selbst in einem bbg-Haus und engagiert sich weiter für das genossenschaftliche Leben – unter anderem auch als Gutschafter unserer Initative „140 Jahre bbg. 140 gute Taten.“ und als Vorsitzender des Margareta-Spettmann-Vereins.
Im Interview spricht er über prägende Momente seiner Laufbahn, warum das Miteinander im Alltag zählt und was er sich für die Zukunft der bbg wünscht.
Herr Wollenberg, wie begann Ihre Geschichte bei der bbg?
Ich habe 1977 als Auszubildender angefangen und war nach meiner Lehre 13 Jahre bei der bbg. Nach der Wende bin ich zur Investitionsbank des Landes Brandenburg gewechselt, die damals neu aufgebaut wurde – gerade mit Leuten, die Immobilienwissen hatten. Dort blieb ich 13 Jahre, bis ich schließlich in den Aufsichtsrat der bbg eingeladen wurde. Neun Jahre lang war ich Vorsitzender und 2006 habe ich dann den kaufmännischen Vorstandsposten übernommen. In dieser Funktion war ich bis 2022 tätig.
Sie haben in Ihrer Zeit als Vorstand einiges angestoßen. Was war Ihnen besonders wichtig?
2006 haben wir als Vorstand die Stelle des „Sozialen Managements“ geschaffen. Dabei ging es uns um mehr als nur Wohnen: um Gemeinschaft, Veranstaltungen, Räume für Begegnungen, die den Begriff „Wohnen Plus“ geprägt haben. Vor allem ging es aber auch darum, dass Mitglieder selbst aktiv werden. Wir wollten kein Programm von oben, sondern Angebote von Mitgliedern für Mitglieder. Dazu gehörte auch nachbarschaftliche Selbsthilfe – ein Anruf beim Nachbarn, ein Blick darauf, wie es älteren Menschen geht. Kleine Gesten, die viel bewegen.
Die Initiative „140 Jahre bbg. 140 gute Taten.“ – was halten Sie davon?
Ich finde den Ansatz sehr gut. Es sind gerade die kleinen guten Taten, die den Alltag besser machen. Das Miteinander in einer Genossenschaft heißt im Grunde: gute Nachbarschaften. Ich bin überzeugt, dass es bei uns viel mehr gute Taten gibt als Probleme. Wichtig ist: darüber zu sprechen und zu berichten.
Welche Erfahrungen haben Sie geprägt?
Natürlich die Wendezeit. Damals mussten wir viel Vertrauen aufbauen, besonders in den Wohnanlagen im Ostteil der Stadt, die die bbg nach der Wende zurückbekommen hat.
Viele hatten schlechte Erinnerungen an das Wort „Genosse“. Die ersten Vertreterwahlen waren schwierig, kaum jemand wollte kandidieren. Es brauchte Jahre, um dieses Vertrauen wiederzugewinnen. Außerdem benötigt die Wohnungswirtschaft damals wie heute Kontinuität der politischen Entscheidung um verlässlich ihre Aufgaben zu erfüllen. Diese Beständigkeit ist leider nicht immer vorhanden.
Wie sehen Sie die Zukunft der Genossenschaften?
Wir müssen den politischen Raum nutzen, aber auch ehrlich sein: Grundstücke sind das größte Problem. Projekte wie Michendorf entstanden unter anderem auch deswegen, weil es in Berlin für Genossenschaften keine Grundstücke gibt. Gleichzeitig müssen wir jüngere Menschen erreichen, sowohl als Mitglieder als auch als Mitarbeitende. In den Köpfen vieler Jüngerer sind Genossenschaften noch zu wenig präsent. Da brauchen wir Information, Aufklärung und auch ein modernes Auftreten.
Was wünschen Sie sich für die bbg?
Dass wir unseren Weg fortsetzen und uns dabei immer bewusst sind: Wir sind eine Genossenschaft, kein Wohnungsunternehmen wie jedes andere. Der Umgang mit Mitgliedern muss serviceorientiert bleiben, und auch die Mitarbeitenden sollen spüren, dass sie in einer Genossenschaft arbeiten. Vertrauen ist dabei das Wichtigste – zwischen Mitgliedern, Vorstand, Aufsichtsrat und Dienstleistern. Und dieses Vertrauen entsteht vor allem im persönlichen Kontakt.
Und welche Rolle spielt Kommunikation?
Eine sehr große. Es geht um die richtige Mischung: persönlicher Kontakt, auch vor Ort, digitale Kanäle wie eine Mitglieder-App oder Social Media und klassische Formate wie das Mitgliedermagazin. Alles zusammen sorgt für Nähe und Verständnis.
Zum Schluss: Haben Sie eine „gute Tat“, die Ihnen persönlich am Herzen liegt?
Ja, ich habe mich für den Vorstand des Margareta-Spettmann-Vereins angeboten. Das ist für mich eine wichtige Aufgabe. Ich wünsche mir sehr, dass sich künftig mehr jüngere Menschen sowohl für den Verein als auch für solche Aufgaben innerhalb des Vereins und der Genossenschaft begeistern können.

„Desarrollo y soporte“, oder auf Deutsch „Entwicklung und Unterstützung“,
das bedeutet bbg für mich.
Als Katerin vor einigen Jahren mit ihrer Familie aus Kolumbien kam, war vieles neu und die Wohnungssuche schwierig. Unerwartet ergab sich während ihrer Suche eine berufliche Chance bei der bbg, wo sie seit letztem Jahr ein Praktikum macht. Bald startet sie ihre Ausbildung im Finanzbereich und hat ein Ziel vor Augen: ein langfristiges Zuhause, beruflich und privat. Ein Gespräch über Ankommen, Genossenschaft und gegenseitiges Vertrauen.
Könnten Sie uns zuerst ein wenig über Ihren Hintergrund erzählen und wie Sie zur bbg gekommen sind?
Als ich nach Berlin kam, habe ich von allen Seiten gehört, wie schwierig es ist, eine Wohnung zu finden. Während der Suche habe ich dann zum ersten Mal von Genossenschaften gehört – so etwas gibt es in Kolumbien nicht – und ich fing an, mich darüber zu informieren.
Durch die bbg und das Genossenschaftsmodell habe ich gelernt, wie das Wohnen in Deutschland organisiert ist. Ich habe verstanden, wie die Miete funktioniert, was Nebenkosten sind, wie die Services geregelt sind usw. – das ist alles ziemlich anders als in meinem Heimatland.
Wie sind Sie dann zum Ausbildungsprogramm gekommen?
Nachdem ich mehr und mehr die deutsche Sprache konnte, habe ich gezielt bei mehreren Genossenschaften nach Jobs gesucht und mich beworben.
So habe ich die bbg und das Ausbildungsprogramm im Bereich Immobilien gefunden. Ich habe mich beworben, aber als sie meinen Lebenslauf gesehen haben, meinte man,
dass Immobilien vielleicht nicht ganz passend sei, weil es dort viele Fachbegriffe und viel juristisches Deutsch gibt – das ist sprachlich ziemlich anspruchsvoll. Um mir eine Chance zu geben, hat man mir die bbg ein einjähriges Praktikum angeboten – als Vorbereitung für eine Ausbildung in der Abteilung Finanz- und Rechnungswesen.
Welche Erfahrungen haben Sie bei der bbg seitdem gemacht? Was haben Sie gelernt? Wie haben Sie sich gefühlt?
Ich bin gut angekommen und habe es geschafft, auch dank der tollen Leute bei der bbg, Arbeitsabläufe und Zusammenhänge zu verstehen Für mich war die Verbindung zu den Kolleginnen der wertvollste Teil der Erfahrung.
Als Ausländerin bei der bbg hatte ich am Anfang ein bisschen Angst. Aber die Leute waren total hilfsbereit. Sie waren offen und haben meine Kultur und meine Art zu sprechen respektiert. Ich wurde wirklich integriert. Unsere Zusammenarbeit ist auf Respekt und gegenseitige Unterstützung aufgebaut. Sie nehmen sich Zeit, mir auch schwierige Sachen zu erklären – dafür bin ich sehr dankbar.
Wie geht es für Sie weiter? Was ist der nächste Schritt oder wie sieht Ihr Weg bei der bbg aus?
Ab dem 11.08. beginnt die 2-jährige Ausbildung für Büromanagement, die ich hoffentlich 2027 erfolgreich abschließe. Meine Chancen auf eine Festanstellung im Anschluss sehen gut aus, wenn ich die Ausbildung bestanden habe.
Die bbg glaubt an mich und möchte, dass ich erfolgreich bin. Sie sehen, dass ich mich entwickle und motiviert bin. Ich kenne viele Leute, die nicht wissen, was eine Genossenschaft ist. Das finde ich schade und nutze jede Gelegenheit, darüber zu reden.
Zum Schluss: Haben Sie ein Lieblingswort auf Deutsch, das Sie gelernt haben?
„Entwicklung und Unterstützung.” Das sind meine Lieblingswörter – und sie sind bei meiner Arbeit mit der bbg täglich präsent.

Mitgliederfest Reinickendorf
„Alles hängt zusammen.“ – mit diesem Motto haben wir am 15. August unser Mitgliederfest im Innenhof der Zobeltitzstraße 55 in Reinickendorf gefeiert. Der Nachmittag bot Raum für Begegnungen, Gespräche und neue Einblicke: von Nachbarschaftsthemen bis zu aktuellen Projekten der bbg.
Unser viertes Mitgliederfest in diesem Jahr fand in Reinickendorf statt. In der Wohnanlage kamen Mitglieder aller Generationen zusammen, mit Kuchen, Eis, Spielen für Kinder und vielen guten Gesprächen.
Für die jüngsten Besucher gab es Kinderschminken und verschiedene Spielangebote, während Erwachsene die Zeit nutzten, um Nachbarn zu treffen und sich auszutauschen.
Auch Informationen spielten eine wichtige Rolle: Der Verein Freunde alter Menschen e.V. stellte
seine Arbeit vor und berichtete über Möglichkeiten des Engagements. Ein Beamter der Polizei beantwortete Fragen und gab praktische Hinweise zu Sicherheit und Prävention. Das Team der bbg informierte über die Initiative „140 Jahre bbg. 140 gute Taten.“ sowie über aktuelle Sanierungs- und Modernisierungsmaßnahmen im Quartier.
Das Fest hat einmal mehr deutlich gemacht, dass unsere Gemeinschaft von Vielfalt lebt und davon, dass wir in unserer Genossenschaft einander zuhören und im Austausch bleiben.

Sechs gute Gründe für einen genossenschaftlichen Sommer
In diesem Jahr feiern wir unsere „Perlenfeste“: sechs kleinere Mitgliederfeste direkt in den Wohnanlagen statt eines großen zentralen. So rücken wir näher zusammen, begegnen unseren Mitgliedern dort wo sie wohnen, mit kurzen Wegen und viel Gemeinschaft.
In unserer Genossenschaft geht es um echte Begegnungen. Auch deshalb feiern wir in diesem Jahr nicht zentral, sondern direkt in den Wohnanlagen und Quartieren. Dort, wo das Zusammenleben jeden Tag stattfindet. Die bisherigen Mitgliederfeste haben gezeigt, wie vielfältig Genossenschaft erlebbar wird:
Aus dem Rahmen fallen
Gute Nachbarn brauchen Raum füreinander, Zeit miteinander und manchmal auch einen goldenen Rahmen wie beim Mitgliederfest in Pankow.
Im Takt bleiben
Mit oder ohne Tanzbeinschwung. Ganz so, wie beim Mitgliederfest in Mariendorf.
Gemeinsam kreativ werden
Ins Gespräch kommen und Ideen vernetzen, so wie bei unserem Mitgliederfest in Lankwitz.
Und mindestens drei weitere Gründe,
die wir bei den anstehenden Festen in Reinickendorf, Buckow und Michendorf entdecken werden.
📍 15. August in Reinickendorf für Mitglieder aus Reinickendorf und Wedding
📍 5. September in Buckow für Mitglieder aus Buckow, Neukölln und Rudow
📍 12. September in Michendorf für Mitglieder aus apfel mitte
Jeweils freitags von 16 bis 19 Uhr. Kommt vorbei, bringt gute Laune mit und seid Teil dieser besonderen Nachmittage. Wir freuen uns auf den Austausch, auf kleine und große Gespräche und auf ein gutes Miteinander.

Alles muss raus. Nur das Gute bleibt.
Eine Wohnanlage funktioniert gut, wenn Mitglieder hinschauen, zuhören und sich gegenseitig unterstützen. In der Scheffelstraße in Berlin-Lichtenberg passiert genau das. Mehrmals im Jahr wird gemeinsam ausgemistet, organisiert und abgeholt. Mit Unterstützung der BSR und noch mehr Unterstützung aus der Wohnanlage selbst.
Wenn Burkhard in seiner Wohnanlage etwas bewegt, dann tut er das nicht laut, aber gründlich. Seit 30 Jahren lebt er in der Scheffelstraße. Er ist Mitglied der bbg, Vertreter in der Mitgliederversammlung und Gutschafter unserer Initiative „140 Jahre bbg. 140 gute Taten.“ Und einer, der etwas ins Rollen bringt.
„Ich war gerade im Urlaub, und meine Nachbarn haben meine Blumen gegossen, die Post geholt und sogar auf meine Wellensittiche aufgepasst“, erzählt er. Für ihn ist das Vertrauen untereinander das Herzstück der Genossenschaft. Genau aus diesem Gedanken heraus organisiert er auch regelmäßig Sperrmüllaktionen in seiner Wohnanlage. Gemeinsam mit Nachbarinnen und Nachbarn Gudrun W., Olaf, Gudrun K. Manfred, Ula und Melanie.
Bis zu fünf Kubikmeter können dabei entsorgt werden. Die BSR holt alles ab, weil Burkhard und die Nachbarn vorher alles gut vorbereiten. Im Frühling wurde an einem zentralen Ort gesammelt, sortiert und rechtzeitig zur Abholung bereitgestellt. Ende September oder Anfang Oktober steht die nächste Aktion bevor. Wieder mit Mitgliedern aus der Wohnanlage, die mit anpacken.
Gudrun W. sagt: „Ich fand die Aktion toll und war danach um einiges leichter.“ Ein Satz, der nicht nur wörtlich zu nehmen ist.
Burkhard wuchs in Ost-Berlin auf, zog 1981 in den Westen und erlebte die Geschichte der Stadt auf beiden Seiten mit. Schon als Kind lernte er, Verantwortung zu übernehmen und aufmerksam zu sein. Diese Haltung und Bereitschaft zur Selbstverantwortung prägen ihn bis heute.
Was ihm an der Genossenschaft gefällt? Dass man immer jemanden erreicht. Dass die Mitarbeiter zuhören. Dass Lösungen gefunden werden. Und dass das Wohnen bezahlbar bleibt.
Die Nähe zum Grünen, den gepflegten Innenhof, die Bänke, die Pavillons. Und die Menschen, die zusammenhalten. Zum Beispiel bei den Konzerten im Hof, die er gemeinsam mit seinen Nachbarn auf die Beine stellt. Oder wenn gemeinsam entrümpelt wird.
Wer dabei ist, merkt schnell: Es geht nicht nur um Sperrmüll. Es geht um Verantwortung. Für den Ort, an dem man lebt. Für die Menschen, mit denen man ihn teilt. In der Scheffelstraße wird das einfach gemacht. Schritt für Schritt. Kiste für Kiste. Jahr für Jahr. Dank Mitgliedern wie Burkhard.