

Man kennt sich. Und das ist mehr wert, als man denkt.
Im Gespräch mit Amancay Monjarás-Fares und ihrer Tochter Maya über Hofgemeinschaften, Verantwortung – und warum Genossenschaft kein Auslaufmodell ist.
Direkt an der Parkaue in Lichtenberg, zeigt sich, was Nachbarschaft bedeuten kann – wenn man sie nicht dem Zufall überlässt. Amancay Monjarás-Fares und ihre Tochter Maya wohnen hier seit 2009 bzw. 2011, als Maya geboren wurde, zwischen vertrauten Gesichtern, gepflegten Gartenanlagen und einem Gemeinschaftsraum, der mehr ist als nur ein Veranstaltungsort. Was hier zählt, sind die kleinen Dinge, die echte Nachbarschaft ausmachen: ein freundlicher Gruß im Flur, ein Blumenzwiebelbeet, ein improvisiertes Buffet beim Hofkonzert. Die beiden sind Gutschafterinnen der Initiative „140 Jahre bbg. 140 gute Taten.“ – und sie zeigen, wie Gemeinschaft funktioniert, wenn man sie lebt. Und was passieren kann, wenn man sie sich einfach mal zutraut.
Amancay Monjarás-Fares wohnt mit ihrer Tochter Maya seit 2009 im Scheffelkiez in Lichtenberg. Auch wenn sich die Stadt in den vergangenen Jahren stark verändert hat, ist der Kiez sich selbst treu geblieben – und genau das ist einer der Gründe, warum sie hier so gerne lebt. Die Häuser stehen, wie sie standen. Und noch wichtiger: Die Menschen sind füreinander da.
„Als meine Tochter klein war, war der Garten unser zweites Wohnzimmer – mit Planschbecken, Geburtstagsfeiern und Grillabenden. Es war ein geschützter Raum, fast ländlich. Und das ist bis heute so geblieben.“
Als Mietervertreterin bringt sie Informationen aus den Vertreterversammlungen direkt zu den Nachbarinnen und Nachbarn – mal als Zettel im Treppenhaus, mal im Gespräch an der Tür. Für sie gehört das dazu – nicht nur, weil sie gewählt wurde, sondern weil sie sich verantwortlich fühlt. Verantwortung sei kein großes Wort, sagt sie, sondern etwas, das im Alltag beginnt.
„Die Menschen haben mich gewählt – also trage ich Verantwortung. Und die nehme ich gerne an.“
Dabei ist ihr bewusst, dass genossenschaftliches Leben keine Selbstverständlichkeit ist.
„Wir sollten das, was wir hier haben, wirklich wertschätzen. Diese Art zu wohnen ist ein Privileg – aber auch eine Verpflichtung. Besitz verpflichtet. Und Genossenschaft lebt nur durch Beteiligung.“
Ein Beispiel dafür: Eine ältere Bewohnerin pflanzt jedes Jahr ihre eigenen Blumenzwiebeln im Vorgarten. Eine kleine Geste, die das Wohnumfeld verschönert – und Gemeinschaft schafft. Auch Tochter Maya ist fest mit der Nachbarschaft verbunden.
„Ich kenne hier fast alle. Ich weiß, wo ich klingeln kann, wenn ich den Schlüssel vergesse. Man kennt sich, das gibt Sicherheit.“
Bei ihrer Konfirmation kamen Freunde und Nachbarn zusammen – gefeiert wurde im Scheffeltreff, dem Gemeinschaftsraum vor Ort. Alle haben etwas mitgebracht. Man kennt sich. Man ist füreinander da.
Maya ist 14 Jahre alt – und in der Wohnanlage aufgewachsen. Ein Großteil der Freizeit in ihrer Kindheit spielte sich im Garten der WA ab: zwischen den alten Bäumen, gepflegten Beeten, mit Planschbecken, Hängematte, Luftballons und spontanen Spielplatzverabredungen.
„Es war immer ein geschützter Raum. Sehr familiär. Und das mitten in Berlin.“
Heute ist sie die jüngste Gutschafterin unserer Initiative „140 Jahre bbg. 140 gute Taten.“ Und sie bringt eine Perspektive mit, die wichtig ist. Viele in ihrem Alter wissen nicht, was Genossenschaft bedeutet. Dabei ist das, was die bbg bietet, genau das, wonach viele suchen: Verlässlichkeit. Sicherheit. Zukunft.
„Wenn es den Eltern gut geht, geht’s den Kindern auch gut. Weil es zu Hause dann entspannter ist und niemand gestresst ist.“
Für Maya bedeutet Genossenschaft, keine Angst vor Kündigungen oder plötzlichen Mieterhöhungen haben zu müssen. In einem stabilen Umfeld aufzuwachsen. Und eine Perspektive zu haben – auch für später.
Amancay Monjarás-Fares sieht das genauso. Für sie ist die Genossenschaft kein Verwaltungsmodell, sondern eine Haltung: sich kümmern, sich zeigen, sich einbringen.
„Was wir hier haben, ist besonders. Aber es ist kein Selbstläufer. Es lebt nur, wenn die Mitglieder mitmachen.“
Deshalb wünscht sie sich mehr Mut und Eigenverantwortung – auch für die kleinen Dinge. Viele würden sich nicht trauen, etwas zu organisieren oder sind zu scheu andere anzusprechen, sagt sie. Dabei ist es genau diese Beteiligung, die eine Gemeinschaft trägt.
Maya bringt es auf den Punkt:
„Wenn man sich im Alltag schon nicht hilft – wie soll dann Gemeinschaft entstehen?“
Die beiden hoffen, dass auch künftig Feste gefeiert werden, kleine Konzerte stattfinden, und dass der Scheffeltreff ein Ort bleibt, an dem man sich begegnet. Nicht aus Nostalgie – sondern weil solche Begegnungen den Alltag besser machen. Und weil Gemeinschaft mit einem einfachen Gruß beginnt.
„Ein freundliches Hallo im Flur kann mehr verändern, als man denkt“, sagt Amancay.
Und ihre Botschaft zum Schluss:
„Engagiert euch. Schätzt diesen Gedanken der Gemeinschaft. Denn nur wenn wir uns einbringen, bleibt das Genossenschaftliche lebendig.“